Concerto for violoncello and orchestra

Title
Concerto for violoncello and orchestra
Category
Orchester mit Solist(en)
mit Violoncello
Duration
37:00
Number of performers
46
Instrumentation
1 (auch Picc.) · 1 · 2 · Sopransax. · 1 - 2 · 2 · 2 · 0 - S. (3 Spieler) - Org. (elektrisches Instrument) - Str. (8 · 8 · 6 · 4 · 3)
Composition year(s)
1989
World premiere
1998-09-11
Berlin, Philharmonie · Heinrich Schiff, Violoncello · Berliner Philharmoniker · Dir.: Michael Gielen
Movements
1989: Phantasiestück in C.'s Manier=2. Satz
1996: 1. und 3. Satz
Extra title
dedicatee: Heinrich Schiff · commissioned by: Berliner Festspiele
Comment of the composer on the work

Ich sollte für Wien Modern 1989 auf Wunsch von Heinrich Schiff ein Stück für Violoncello und Orchester schreiben. Obwohl ich damals noch meine Schwierigkeiten mit dem Instrumentalkonzert und überhaupt mit einem konzertanten Stil hatte, ist spontan in kurzer Zeit das Phantasiestück in C’s Manier entstanden, das dem „Konzertieren” im engeren Sinn aus dem Weg ging. Erst mit dem Bratschenkonzert von 1993 bin ich zu für mich neuen Möglichkeiten des Konzerts gelangt und 1996 sind dann im Auftrag der Berliner Festspiele die zwei das Phantasiestück umrahmenden Sätze gewachsen, wodurch sich ein veritables großes Cellokonzert ergeben hat.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine große Vielgliedrigkeit und Vielschichtigkeit   e i n   charakteristisches Element in meinen Konzertformen aus letzter Zeit darstellt. Im ersten Satz bildet ein heftig beginnendes Wechselspiel zwischen Violoncello und Orchester, das sich allmählich beruhigt, wobei die Einwürfe des Orchesters immer kürzer und unbedeutender werden, eine Introduktion. Der folgende, sehr erregte erste Abschnitt ist charakterisiert durch Ketten aus gleichlangen Noten, die aber in der Aufeinanderfolge von verschiedener Dauer sind (Achtel, Triolenachtel, punktierte Quintolenachtel etc.).

Ein nächster Abschnitt entwickelt sich in kurzen Sechzehntelfloskeln des Solovioloncellos über pizzicati der Streicher vor dem Hintergrund zweier papuanischer Rhythmen der Bongos und Congas. Es handelt sich aber weder hier noch später - in stärkerem Ausmaß - um zitierte Exotik, sondern um die Integration prinzipieller musikalischer Denkweisen; das Stück gehört ganz unserem Kulturkreis an. - Ein dritter Abschnitt ist ganz auf eine Cantilene des Soloinstrumentes gestellt, die kontrapunktiert wird durch die Steel-Drums und Triolenachteleinwürfe der Bratschen. Ihm folgt ein langsamer, lyrischer Teil, der einige Elemente enthält, die den 2. Satz, das Phantasiestück, antizipieren. Ein accelerando des Solovioloncells leitet über zu einer Reprise der drei oben beschriebenen Abschnitte, allerdings sehr gerafft und stark variiert. Der Satz wird nach einem kleinen Orchesterzwischenspiel in einem lyrischen Charakter geschlossen, der zunächst ein Element aus dem letzten Abschnitt des zweiten Satzes zitiert und dann mit einer Allusion an den Anfang des zweiten Satzes endigt.

Der letzte Zusammenklang ist genau der gleiche, mit dem das Phantasiestück in C’s Manier beginnt. Der durchaus zweideutige Titel erinnert an E.T.A. Hoffmann und damit an den Maître Graveur Jacques Callot aus dem 17. Jahrhundert, zugleich steht aber der Buchstabe C für mein eigenes musikalisches Denken. Parallelen zwischen meinem Stück und Callotschen Stichen können insofern gefunden werden, als auch hier gleichsam mikrostrukturelle Motivabwandlungen innerhalb von eher statisch wirkenden Gesamtkompositionen anzutreffen sind. - Der erste langsame Teil des Satzes ist bestimmt durch den uralten melodischen Quartfall und eine breite Cantilene des Violoncellos, beides eingehüllt in differenzierte polymetrische Bildungen, zu denen ich durch afrikanische Musik angeregt worden bin. Der in den Streichern gespenstisch anhebende bewegte Mittelteil führt zu einem aus kompliziert wechselnden Metren bestehenden Thema. Eine Steigerung wird gefolgt von einer Passage wirr durcheinandergeschichteter rascher Bewegungen in allen Bläsern, Orgel, Vibraphon und Glocken, aus denen sich allmählich das Solovioloncello melodisch herausschält. Die Bewegungen der übrigen Stimmen gehen kontinuierlich in gleichmäßige Sechzehntelfolgen über und führen zum wieder ruhigen letzten Teil, der das Material des ersten rekapituliert, allerdings in anderem Zusammenhang stellt und mit anderen Inhalten kombiniert, die schon am Schluss des ersten Satzes initiiert worden sind.

Die Einleitung zum dritten Satz beginnt wieder (fast) mit dem gleichen Zusammenklang, mit dem der zweite Satz endet. Der erste große, lebhafte Abschnitt ist durch Vielgliedrigkeit, durch rasch wechselnde Gestalten und Situationen bestimmt und entzieht sich einer Beschreibbarkeit in Kurzform. Eine langsame, lyrische Sektion greift auf Elemente des Phantasiestücks (Quartfall, Cantilene des Soloinstruments) zurück. Im folgenden, wieder schnelleren Teil kehren die Gestalten und Situationen des ersten wieder, aber variiert, in anderer Reihenfolge und in neuen Zusammenhängen. Er endigt in einer langsamen Episode mit einer letzten Reminiszenz an das Phantasiestück. In einer zarten, duftigen, schnellen Coda löst sich das Stück auf.

Friedrich Cerha

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